Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Debatte
  3. Kommentare
  4. Atomabkommen: Der Iran tanzt dem Westen auf der Nase herum

Meinung Atomabkommen

Der Iran tanzt dem Westen auf der Nase herum

Irans Präsident Hassan Rouhani behauptet, der Westen halte sich nicht an die Vereinbarungen Irans Präsident Hassan Rouhani behauptet, der Westen halte sich nicht an die Vereinbarungen
Irans Präsident Hassan Rouhani behauptet, der Westen halte sich nicht an die Vereinbarungen
Quelle: REUTERS/X01353
Der Westen sollte sich fragen, was er nach einem Jahr Atomabkommen erreicht hat. Iran ist zwar wieder Teil der Weltgemeinschaft, aber die Regierung darf sich offensichtlich so verhalten, wie sie will.

Wer hat diesen Satz geschrieben? „Der Iran, den wir alle kennen – feindlich, expansiv, gewalttätig – ist gesund und lebt, und er ist so gefährlich wie immer.“ War das ein republikanischer Politiker aus den USA? Oder ein Politiker aus Europa? Oder war es der israelische Premierminister?

Nein, es war Yousef Al Otaiba. Er ist Botschafter für die Vereinigten Arabischen Emirate in Washington und nur eine von vielen besorgten Stimmen aus der arabischen Welt. In einem Artikel für das „Wallstreet Journal“ legte er im April dar, dass sein Land wie kein anderes von guten Beziehung zum Iran profitieren würde. Es sind weniger als 100 Seemeilen über den Arabischen Golf von den Emiraten nach Iran, das wäre eine kurze Distanz für wirtschaftlichen und kulturellen Austausch.

Der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman
Der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman
Quelle: picture alliance / dpa

Doch die Aussichten sind derzeit schlecht. Iran setze seine feindliche Politik gegenüber Ländern der Region fort, schreibt der Botschafter. So habe erst kürzlich ein iranischer General wieder damit gedroht, sein Nachbarland Bahrain zu annektieren. Iran rüstet weiter auf, gerade erst erwarb das Regime für viele Milliarden Dollar Kriegsgerät.

Anders als im Westen und auch in Deutschland begreifen die Nachbarstaaten der Region die Bedrohung. Ihr Blick zeigt, wie wenig berechtigt die Erwartungen überhaupt sind, dass Iran an Öffnung und Frieden interessiert ist.

Das Atomabkommen von Wien ist vor wenigen Tagen ein Jahr alt geworden. Was die Mächte vereinbart haben, klingt erstrebenswert. Ziel der internationalen Gemeinschaft war, dass Iran seine Pläne stoppt, eine Atombombe zu bauen. Dafür gab es in Umkehr umfangreiche Zugeständnisse.

Vor einem Jahr waren die Mullahs geschwächt

Viele Wirtschaftssanktionen wurden aufgehoben. Darin schwang auch die Hoffnung, dass sich Iran durch seine Rückkehr in die Weltwirtschaft öffnet und moderate Kräfte stärker werden. So wäre es auch den vielen Bürgern in Iran zu wünschen.

Leider fällt die Bilanz an diesem Jahrestag anders aus. Das Regime wird weder seine Ziele noch seine Macht aufgeben, das war von Beginn sein Kalkül. Bis vor einem Jahr hatten die anhaltenden Sanktionen die Mullahs geschwächt und den bürgerlichen Widerstand wachsen lassen. Wir erinnern uns an die Grüne Revolution und mit Schrecken daran, wie brutal der damalige Präsident Mahmud Ahmadinedschad gegen sein eigenes Volk vorgegangen war.

Damals stieß die Macht des Regimes sichbar an ihre Grenzen. Nun spülen Geschäfte mit dem Westen viele Millionen in seine Kassen, zur Finanzierung von Waffen, Terror und Unterdrückung. Es ist bekannt, was Iran derzeit in Jemen und Syrien treibt. Präsident Rouhani verkauft seinem Volk das Abkommen als Fortschritt. Doch die Realität sieht anders aus: allein im vergangenen Jahr ließ Teheran mehr als 1000 Menschen hinrichten, darunter Kinder und Jugendliche. Die Zahl der staatlichen Tötungen ist sogar weiter gestiegen.

Nach außen, für alle sichtbar, testet das Regime weiter Langstreckenraketen, zwischenzeitlich ohne nennenswerte Reaktion des Westens. Vor zwei Wochen nun hat Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung im Bundestag unmissverständlich gesagt, dass Iran mit seinen Raketentests gegen UN-Sicherheitsresolutionen verstößt. Auch der UN-Generalsekretär hat das festgestellt. Raketen wohlgemerkt, die auch Europa erreichen und nukleare Sprengköpfe tragen können. Ich hoffe sehr, dass diese Verletzung der UN-Resolution angemessene Folgen hat.

Anzeige

In Deutschland berichtet der Verfassungschutz über illegale Aktivitäten des Iran, Technologie zu erwerben, die für nukleare und chemische Waffen verwendet werden könnte. Noch während diese Vorgänge nicht annähernd aufgeklärt sind, reisen weiterhin Wirtschaftsdelegationen aus fast aller Welt nach Teheran.

„Wir werden das Atomabkommen in Brand setzen“

Irans politischer und religiöser Führer, Ajatollah Khamenei, hat damit gedroht, das Atomabkommen mit dem Westen zu verbrennen. Damit reagierte er auf Trumps Aussage, den Deal brechen zu wollen.

Quelle: Die Welt

Überhaupt herrscht regelrechter Wettberwerb unter Unternehmen, nach dem Motto. „Ich war zuerst da“. Ich frage mich, ob die Europäer – und auch die Deutschen – nicht mitbekommen, dass das Regime in Iran trotz diplomatischer Annäherung weiter hetzt.

Die fragwürdige Euphorie des Westens ist eine Bedrohung für alle. So lange das Geld stimmt, können sich Despoten halten, auch gegen den Willen der Bevölkerung. Wir müssen uns nur Teherans Verbündete anschauen. In die aktuelle Gegenwart fällt auch der zehnte Jahrestag des Verteidigungskrieges der israelischen Streitkräfte gegen die islamistische Miliz im Südlibanon, der Hizbollah. Ihr militärischer Arm ist in Europa als Terrororganisation gelistet.

Ihre Milizen richten rund 100.000 Raketen auf Städte und Dörfer in Israel. Ihr Anführer, Hassan Nasrallah, versteckt sich seit dem Krieg im Libanon, nicht weit entfernt von der Grenze zu Israel, gegen den Willen des libanesischen Staats. Das kann er sich leisten, weil Iran es ihm finanziert.

Unverhohlen hat Nasrallah im vergangenem Monat einem arabischen Fernsehsender gesagt: „Wir stehen offen zu der Tatsache, dass das Budget der Hizbollah, die Einnahmen und Ausgaben, alles was wir essen und trinken, alle Waffen und Raketen von der Islamischen Republik Iran kommen.“

Das ist die Spur des Geldes. Und sie führt direkt zurück in den Westen. Zu allen, die derzeit Geschäfte mit Iran machen. Die meisten Betriebe in Iran sind noch immer in der Hand der Revolutionsgarden. Dabei gäbe es einen viel vernünftigeren Weg, Iran in das Geflecht der westlichen Wirtschaft einzubinden und gleichzeitig das Regime zu schwächen.

Shoa-Opfer in „Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb“ verhöhnt

Wer Strafe immer nur angedroht bekommt, sie aber nie wirklich spürt, nimmt Drohungen nicht mehr ernst. So hätte das Wiener Abkommen konsequenter quid-pro-quo abgeschlossen werden müssen. Das Regime erfüllt eine Bedingung, der Westen erlässt einen kleinen Teil der Sanktionen. Schritt für Schritt. Wenn das Regime die Auflagen nicht erfüllt, werden wieder Sanktionen verhängt.

Anzeige

So hätte der Westen schon jetzt wirkungsvoller auf die anhaltenden Raketentests reagieren können. Das Regime ging so weit, auf eine Rakete für einen Test „Israel muss ausradiert werden“ zu schreiben. Und erneut wurden die Opfer der Shoa in einem sogenannten „Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb“ verhöhnt. Abgesehen davon, was die ständigen Vernichtungsdrohungen und dieser offene Antisemitismus für Israel bedeuten: Teheran zeigt damit allen Kontrolleuren und Partnern im Westen eine lange Nase.

So schlecht die Bilanz für den Westen ausfällt, so positiv ist sie daher für die Despoten. Ihre wachsende Arroganz macht das deutlich. Pünktlich zum Jahrestag des Wiener Abkommens behauptete Präsident Rouhani in iranischen Medien, es sei in Wahrheit der Westen, der sich nicht an die Vereinbarungen halte. Rouhani kündigte offen an, wieder zum alten Zustand zurückzukehren.

Wie soll das anders zu verstehen sein denn als Drohung, wieder an der Atombombe zu bauen?

Der Autor (58) ist seit 2012 Botschafter des Staates Israel in Deutschland.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema