Pläne der EU-Kommission: Israel gegen neue Warenkennzeichen

Von: Von HANS-JÖRG VEHLEWALD

Die EU-Kommission will Kunden vor Waren aus israelischen Siedlungsgebieten warnen.

EU-Staaten sollen eine gesonderte Kennzeichnung „Made in Israeli Settlements“ auf entsprechenden Produkten einführen. Israel attackiert den Plan als „einseitige, politische Schikane“, die an NS-Propaganda („Kauft nicht bei Juden“) erinnere, so Israels Ex-Außenminister Avigdor Lieberman.

Im BILD-Interview kritisiert auch Israels Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, die EU-Pläne als „Preisverleihung für den Terrorismus“ der Palästinenser.

BILD: Herr Botschafter, Sie warnen vor einer Etikettierung von Waren aus den israelisch besetzten Gebieten, wie es die EU-Kommission plant. Wir weit sind die Vorbereitungen gediehen?

Yakov Hadas-Handelsman: „Es ist ein eiliges und undurchsichtiges Verfahren, mit dem die EU-Kommission die Richtlinien umsetzen will. Die Mitgliedstaaten können den Wortlaut weder vorab überprüfen noch verändern. Die Richtlinie könnte bereits zu Beginn dieser Woche in Kraft treten.“

BILD: Womit begründet die EU den Schritt?

Hadas-Handelsman: „Laut EU soll die Kennzeichnung von Produkten dem Schutz und der Information der Verbraucher dienen. Doch in Wahrheit ist es eine politische Entscheidung gegen Israel. Ginge es wirklich um Informationen für den Verbraucher, würde die seit dem Jahr 2005 geltende Olmert-Mendelsohn-Vereinbarung ausreichen. Sie schließt Produkte aus den Gebieten jenseits der Grenzen von 1967 von den Vorteilen der Abkommen zwischen Israel und der EU aus und schreibt eine genaue Angabe der Herkunft vor. Zudem müssten Produkte aus weltweit rund 200 umstrittenen Gebiete per EU-Richtlinie gekennzeichnet werden. Daran wird unserer Meinung nach deutlich, wie diskriminierend das Vorhaben ist: Für Israel sollen andere Regeln gelten als für den Rest der Welt.“

BILD: Welche Folgen fürchten Sie, wenn EU-Staaten vor Produkten „Made in Israeli Settlements“ warnen?

Hadas-Handelsman: „Ich empfehle der EU-Kommission, eine Umfrage unter den geschätzt 30 000 arabischen Arbeitskräften zu machen, die in israelischen Betrieben jenseits der Grenzen von 1967 angestellt sind: Sie haben verlässliche Jobs und verdienen weit mehr als in palästinensischen Betrieben. Wenn diese aufgrund von Boykotten ihre Produktionsstätten verlegen müssen, würden tausende palästinensische Familien ihre Einnahmequelle verlieren. Darüber hinaus gefährdet die Etikettierung auch andere Produkte aus Israel und wird Bewegungen stärken, die Israel und auch Juden sowieso boykottieren und unserem Staat das Existenzrecht absprechen. Diesen Bewegungen geht es darum, dem jüdischen Staat die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Dagegen müssen wir uns wehren.“

BILD: Haben Sie Erkenntnisse, ob deutsche Behörden oder Firmen dem EU-Vorschlag folgen werden?

Hadas-Handelsman: „Die EU erwartet von den Mitgliedsländern, dass sie die Regelungen umsetzt.“

BILD: Welche Konsequenzen hätte es für Israels Beziehungen zur EU, wenn die Pläne umgesetzt würden?

Hadas-Handelsman: „Zunächst gefährden die EU-Pläne die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern. Die Etikettierung hilft nicht, für eine Zwei-Staaten-Lösung für zwei Völker zu werben, die erklärtes Ziel von Israel ist. Es ist eine Richtlinie, die einseitig auf Israel abzielt. Israel und die Palästinenser haben vereinbart, in direkten Gesprächen zu verhandeln.

Wir begrüßen es, wenn die EU dabei helfen will. Aber diese Hilfe muss beide Seiten ermutigen, die Friedensgespräche wieder aufzunehmen. Stattdessen ermutigt die EU mit dieser Geste indirekt die palästinensische Seite, weiter Gespräche mit Israel zu vermeiden. Alarmierend ist zudem der Zeitpunkt: Israelische Zivilisten, darunter Familien mit Kindern, wurden in den vergangenen Wochen von palästinensischen Attentätern angegriffen und ermordet – ohne dass die Palästinenser-Behörde zur Ruhe aufgerufen hat. Die Regelung der EU zeigt den Verantwortlichen in Ramallah jetzt: Macht genau so weiter. Sie ist wie eine Preisverleihung für Terrorismus.“

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