Recycling-Vorbild Israel Vom Wüstenland zum Wasserweltmeister

Israel liegt in einer trockenen Region und hat trotzdem genug Wasser, um sogar Lebensmittel zu exportieren. Denn die Wasser-Industrie ist hochinnovativ.

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Ultraorthodoxe Juden sammeln Wasser für das traditionelle Pessach-Fest. Quelle: dpa

Wenn sich diese Woche bei der IFAT in München Abwasserexperten treffen, sind auch mehrere Unternehmen aus Israel dabei. Der kleine Staat ist seit einigen Jahren Vorreiter im Wassermanagement und will nun Vorbild für andere Länder sein.

Auf der IFAT - Weltleitmesse für Wasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft - in München zeigen diese Woche 3.000 Aussteller ihre Lösungsideen für nachhaltige Rohstoffkreisläufe. Darunter Unternehmen wie Aquarius (Leck-Suche an Wasserleitungen), Aqwise (Abwasserfilterung) und Hydrospin (Wasser Monitoring) - alle drei stammen aus Israel. Kein Zufall: Das kleine Nahost-Land ist nicht nur für Religions- und Politikwissenschaftler interessant, sondern auch für Wassertechniker.

Als vor gut 130 Jahren die ersten Zionisten den Landstreifen zwischen Mittelmeer und Jordan besiedelten, gab es wenig: wenig Grün, wenig Menschen, wenig Wasser. Heute überziehen Felder das Land. Die Bevölkerung verdoppelt sich schon durch die ständig steigende Geburtenrate fast pro Generation. Einwanderer (Stichwort Rückkehrergesetz) noch nicht mitgerechnet. Doch die Wassermenge ist nicht mitgewachsen.

Der Staat schöpft laut OECD 50 Prozent der verfügbaren Frischwasserressourcen ab – dreimal so viel wie Deutschland und mehr als jedes andere Land der Welt. "Wasserressourcen wenig zu beanspruchen ist ein Kernindikator für ökologischen Fortschritt", meint die OECD. Doch Israel ist nicht verschwenderisch. Der Nahoststaat ist einfach klein – es ist als würde man die Einwohner von Niedersachen und Bremen auf die Fläche von Hessen packen.

Nur 233 Kubikmeter Wasser aus erneuerbaren Quellen stehen jedem Bewohner zur Verfügung; im weltweiten Durchschnitt sind es 6000. Die Not hat erfinderisch gemacht. Besonders als Ende der 1990er-Jahre eine starke und lange Dürre die Wasserknappheit verschärfte, begann der Staat, dem Wassermangel mit drei Strategien Herr zu werden:

Erstens: Sparen – Tröpfchen-Bewässerung auf den Äckern

Nach weitflächigen Wasserduschen auf Feldern kann man in Israel vergebens Ausschau halten. Denn statt Sprinkleranlagen überziehen dünne Schläuche mit kleinen Löchern die Äcker des Landes. Computergesteuert versprühen die Anlagen Wasser direkt an die Pflanze, ohne große Verluste. Das Tröpfchen-Bewässerungssystem ist nicht nur ein Erfolgsrezept, sondern auch ein Exportschlager.
Damit auch jenseits der Äcker möglichst wenig Wasser verloren geht, werden die Wasserleitungen sorgsam dicht gehalten. 500 Millionen Schekel (etwa 116 Millionen Euro) hat der Staat dafür über einen Zeitraum von zehn Jahren bereitgestellt, so die israelische Wasserbehörde.

Ergänzt hat die Sparmaßnamen Ende der Nuller-Jahre eine große Öffentlichkeitskampagne, für die Prominente wie Model Bar Refaeli (Ex-Freundin von Leonardo DiCaprio) ihr Gesicht liehen. Schon dadurch habe sich der Wasserverbrauch um 20 Prozent reduziert. Heute belegt Israel pro Kopf gerechnet international Platz sieben in Wassersparsamkeit.

Zweitens: Entsalzen – Mit Umkehrosmose vom Meer- zum Trinkwasser

Sparen alleine genügt allerdings nicht. Um See Genezareth und Jordan als Süßwasserquellen zu entlasten, setzt Israel seit der Jahrtausendwende verstärkt auf Entsalzungsanlagen. Zentral dazu sind fünf große Anlagen für Meerwasser, ergänzt werden sie durch etwa ein Dutzend für Brachwasser.

Auch bei warmem Wetter fließt das Wasser in Jerusalem. Quelle: dpa

Die riesigen Entsalzungsanlagen nutzen die Methode der Umkehrosmose. Dabei wird Wasser mit Hochdruck durch halbdurchlässige Membranen gepumpt und so gefiltert. 30 Prozent des gesamten Wasserbedarfs werden mit entsalztem Wasser gedeckt; bis 2050 sollen es 70 Prozent sein.

Drittens: Recyceln – Weltmeister in der Wasseraufbereitung

Weltmeister jedoch ist Israel in der Wasseraufbereitung. 75 Prozent des Abwassers wird wiederverwendet – das bringt dem kleinen Land Platz eins in der Weltrangliste für Wasserrecycling ein. (Auf Platz zwei liegt übrigens Spanien.) Das aufbereitete Wasser wird vor allem in der Landwirtschaft genutzt. Auch wenn es ökologisch wenig sinnvoll ist, dass das Land viel für den Export produziert - ökonomisch ist es ertragreich.

"Insgesamt kostet der Umbau des gesamten Wassersystems Israel bis 2050 etwa 206 Milliarden Schekel", heißt es im Wasser-Masterplan des Landes. Das entspricht 48 Milliarden Euro. Doch der Staat stemmt die Großreform nicht alleine. Unterstützt wird er von privaten Unternehmen und dem eingangs erwähnten Gründergeist der Nation.

Welche Rolle die Start-ups auch für andere Länder spielen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

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