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Ausland Nahost-Konflikt

Der zynische Krieg mit den Opferzahlen in Gaza

Im Viertel Schudschaija in Gaza-Stadt laufen zwei Mädchen während einer kurzen Feuerpause an einem zerstörten Krankenwagen vorbei. Der Wohnbezirk im Osten der Stadt liegt nach israelischen Angriffen in Trümmern Im Viertel Schudschaija in Gaza-Stadt laufen zwei Mädchen während einer kurzen Feuerpause an einem zerstörten Krankenwagen vorbei. Der Wohnbezirk im Osten der Stadt liegt nach israelischen Angriffen in Trümmern
Im Viertel Schudschaija in Gaza-Stadt laufen zwei Mädchen während einer kurzen Feuerpause an einem zerstörten Krankenwagen vorbei. Der Wohnbezirk im Osten der Stadt liegt nach isra...elischen Angriffen in Trümmern
Quelle: dpa
Die Hamas scheut keine Manipulation der Statistiken, um die Zahl ziviler Toter in die Höhe zu treiben. Da werden Kämpfer zu Zivilisten, und plötzlich gibt es viel weniger natürliche Todesfälle.

Wer heute wissen möchte, wie viele Palästinenser im Gaza-Konflikt im November 2012 ums Leben kamen, wird keine eindeutige Antwort finden. Von 160 Toten sprechen die Palästinenser, die israelische Armee sagte, es seien sogar 177 Opfer gewesen und das Meir-Amit-Zentrum für Geheimdienstarbeit und Terrorismus geht von 178 Todesopfern aus. Noch verwirrender wird es bei der Unterscheidung zwischen getöteten Zivilisten und gefallenen Kämpfer der islamistischen Fraktionen in Gaza.

Nach palästinensischen Angaben waren nur 55 Opfer bewaffnete Kämpfer, die Armee spricht aber von 120, und das Meir-Amit-Zentrum ist der Meinung, die Namen von 101 Opfern als Kämpfer identifiziert zu haben. Noch deutlicher sind die Unterschiede beim Gaza-Krieg vom Winter 2008/2009: Während die Vereinten Nationen von 1444 Toten sprechen, geht Israel von 1166 Opfern aus – von denen 709 Kämpfer und 295 Zivilisten gewesen sein sollen.

Die noch anhaltende Militäraktion Israels im Gazastreifen soll mittlerweile 576 Menschen das Leben gekostet haben. In der Berichterstattung werden für die Opferzahlen gern die Vereinten Nationen als Quelle angegeben. Deren Informationen stammen jedoch vom Gesundheitsministerium in Gaza, das von der Hamas kontrolliert wird.

Dennoch darf man davon ausgehen, dass die Zahlen zumindest annähernd richtig sind. Für das offensichtliche Leiden der Zivilbevölkerung in Gaza macht es ohnehin keinen Unterschied, ob nun 560 oder 580 Menschen ums Leben gekommen sind. Die Bilder von verrenkten menschlichen Körpern in der Trümmerwüste des Viertels Schudschaija sprechen für sich. Wohl deshalb veröffentlicht die israelische Armee gar keine eigenen Zahlen mehr zeitnah. Man käme mit den Angaben doch immer zu spät, heißt es aus dem Büro des Armeesprechers.

Nur Kämpfer, die Tarnkleidung tragen, zählen als Opfer

Beim Meir-Amit-Zentrum hingegen unternimmt man noch immer große Anstrengungen, um möglichst schnell den Status der Opfer zu recherchieren. Arabischsprachige Mitarbeiter versuchen, die Namen der Toten mit Informationen auf einschlägigen islamistischen Webseiten, den Foren der betreffenden Organisationen und sozialen Netzwerken abzugleichen. Im letzten veröffentlichten Bericht vom 20. Juli kam man auf 402 Tote bei der aktuellen Auseinandersetzung, von denen 130 Terroristen und 138 Zivilisten gewesen seien. Die Identität von 134 weiteren Opfern konnte noch nicht festgestellt werden.

Das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) zählte nach palästinensischen Angaben zum gleichen Zeitpunkt 375 Opfer von denen 270 Zivilisten gewesen seien. Allerdings zählen die Behörden in Gaza wohl nur Opfer, die unübersehbar Tarnkleidung tragen, als Kämpfer. In Anweisungen des Hamas-Innenministeriums heißt es, in den sozialen Netzwerken sei immer von „unschuldigen Zivilisten“ zu sprechen.

Es ist auch auffallend, dass während der vergangenen Gaza-Kriege die Zahl der natürlichen Todesfälle plötzlich drastisch sank. Und wenn ein Palästinenser wegen angeblicher Kollaboration mit Israel kurzerhand hingerichtet wird, dürfte auch er in die Opferstatistik eingehen. Zu einer relevanten Verzerrung, die das Bild des Gaza-Konfliktes in der Welt verändern könnte, dürften diese Manipulationen aber kaum führen.

Israel konzentriert sich auf Terrormethoden der Hamas

Und auch die Methode des Meir-Amit-Zentrums ist nicht gegen Fehler gefeit: So ist es schon vorgekommen, dass die Hamas und andere Organisationen im Internet Tote für sich beansprucht haben, die in Wahrheit nichts mit den Islamisten zu schaffen hatten. Die Familien lassen die Vereinnahmung geschehen – entweder aus Angst, oder weil ein wenig Ruhm ihnen gut tut oder auch, weil sie auf dringend benötigte finanzielle Zuwendungen hoffen.

Selbst der Versuch, Opferzahlen anhand der Alterspyramide und des Geschlechterverhältnisses im Gazastreifen zu überprüfen, ist zum Scheitern verurteilt. Sind unter den Opfern deutlich mehr junge Männer als Frauen, wird das als Indiz dafür interpretiert, dass es sich bei den Männern um Kämpfer gehandelt habe. Ebenso gut wäre es aber möglich, dass angesichts der Bedrohung die Männer eher das Haus verlassen, um die notwendigen Besorgungen zu verrichten, als die Frauen.

So wird es wohl auch nach diesem Krieg wieder unterschiedliche Angaben geben. Während die Hamas sich bemüht, mit einer möglichst hohen Zahl ziviler Opfer das Entsetzen der Weltöffentlichkeit zu schüren, hat Israel den Kampf um die absoluten Zahlen aufgegeben. Im Büro des Armeesprechers setzt man lieber darauf, die Methoden der Hamas offenzulegen. Gleich mehrmals täglich werden Journalisten mit Videomaterial und Bildern versorgt, die zeigen, wie die Hamas die Zivilbevölkerung als Schutzschild nutzt und zivile Opfer so billigend in Kauf nimmt.

Reporterin sucht die „Terrortunnel“ der Hamas

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nennt sie „Terrortunnel“: Durch die Schächte können Hamas-Kämpfer nach Israel geschleust werden. N24-Reporterin Nadine Mierdorf begab sich auf Spurensuche.

Quelle: N24

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