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Generalkonsul: "Das Leiden muss aufhören"

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Orin Shaham (l.) mit ihrem Freund Sean Carmeli.
Orin Shaham (l.) mit ihrem Freund Sean Carmeli. © Dan Shaham

München - Sean Carmeli (21) war einer der 13 Soldaten, die beim ersten Angriff Israels auf den Gazastreifen getötet wurden. Er war ein Freund von Orin Shaham, Tochter des israelischen Generalkonsuls in München. Der schreibt seine Gedanken in der tz nieder.

Sean Carmeli (21) war einer der 13 Soldaten, die beim ersten Angriff Israels auf den Gazastreifen getötet wurden. Der gebürtige Texaner war ein Freund von Orin Shaham, Tochter des israelischen Generalkonsuls in München. Orin erhofft sich Trost von ihrem Vater. Der schreibt seine Gedanken nieder:

Die Opfer des Konfliktes

Nicht oft spricht ein Diplomat über Persönliches. Unsere Familien wollen wir normalerweise im Privatbereich unseres doch sehr offiziellen Lebens lassen. Zu dieser schweren Zeit aber, möchte ich das alltägliche Leben einer durchschnittlichen Familie in Israel schildern. Meiner Familie. Sie lebt in Ashdod, rund 30km vom Gazastreifen entfernt.

In dem letzten Konflikt wurde die Stadt das Ziel hunderter Raketen. Seit über zwei Wochen heulen die Sirenen bis zu drei Mal pro Stunde, Tag und Nacht. Auch meine Mutter, 82 Jahre alt, muss wieder und wieder die Treppen hinunter laufen, um in den Schutzbunker zu gelangen. Schlaflosigkeit und Angst bestimmen das Leben meiner Familie in Israel.

Meine Tochter, Orin, ist 21 Jahre alt. Sie studiert Kommunikationswissenschaften in Herzliya, in der Nähe von Tel Aviv. Als ich im letzten Jahr nach München zog, um meinen Dienst als Generalkonsul des Staates Israel für Süddeutschland anzutreten, blieb sie für Ihr Studium in Israel.

Am Sonntag rief mich Orin aufgelöst an. Ihr bester Freund Sean, gerade 21 geworden, war unter den 13 israelischen Soldaten, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Gaza während der Bodenoffensive umkamen.

Sean kam im Alter von fünfzehn Jahren aus Texas, USA, um in Israel zu leben. Er kam alleine und so wurden seine Freunde zu seiner Familie. Meine Tochter Orin und er waren die besten Freunde. „Er war immer so optimistisch, ein Kindskopf, er hat sich nie beschwert“, erzählte Orin. Sie schläft seither nicht mehr. Sie weint und sagt, ihr Herz zerbreche jede Minute neu.

Sean Carmeli war einer der ersten Soldaten, die in Gaza im Bodeneinsatz gefallen sind. Was kann ich ihr als Vater in dieser Situation sagen? Wie soll ich ihr Hoffnung machen? Wie soll ich erklären, warum ihr Freund Sean Carmeli sterben musste?

Orin und ihr Bruder Itan haben beide deutsche Wurzeln. Ihre Großeltern mütterlicherseits sind aus Nazideutschland nach Israel geflohen. Wie kann ich ihnen erklären, dass hier auf deutschen Straßen wieder Hassparolen gegen Juden gesungen werden? Dass in Paris jüdische Geschäfte und Synagogen angegriffen werden? Dass 800 jüdische Bürger Frankreich in den letzten Wochen aus Angst um Ihre Leben verließen?

Alles, was ich meinen Kindern zu diesem Zeitpunkt sagen kann, ist, dass wir in Israel unsere Heimat aufgebaut haben und langsam, sehr langsam, auf dem Weg sind, mit unseren arabischen Nachbarn ein friedliches Zusammenleben aufzubauen. Das Leiden auf beiden Seiten muss aufhören. Nur wenn sich Palästinenser zusammen mit den Israelis gegen Terror und gegen die radikale Terrororganisation Hamas stellt, kann es Frieden geben. Wir wollen Frieden. Es darf keine Opfer mehr geben.

von Dan Shaham, israelischer Generalkonsul in München

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