50 Jahre deutsch-israelische Freundschaft: „Gemeinsam können wir die Welt verbessern“

BILD begleitet 180 junge Deutsche, die zum ersten Mal zu Gast in Israel sind

Quelle: BILD
Von: Von Antje Schippmann, Björn Stritzel, Claas Weinmann (Video)

Deutschland und Israel feiern 50 Jahre diplomatische Beziehungen. Doch statt nur Politiker und Prominente auf staatstragenden Festakten zusammenzubringen, hat das israelische Außenministerium 180 junge Deutsche aus Kultur, Sport und Gesellschaft eingeladen, ihr Partnerland in all seinen Facetten kennenzulernen.

Hintergrund: Als die Bundesrepublik und der junge jüdische Staat vor einem halben Jahrhundert diplomatische Beziehungen aufnahmen, waren erst 20 Jahre seit dem Zivilisationsbruch, der Massenvernichtung der Juden in den deutschen Konzentrationslagern, vergangen. Diese Freundschaft zwischen den beiden Staaten und Völkern, die damals höchst umstritten war, ist auch heute nicht selbstverständlich.

Damit diese Verbindung auch in Zukunft weiter gedeiht, hat Jerusalem ein logistisches Mammut-Vorhaben gewagt. Es ist das größte Projekt des Außenministeriums in diesem Jahr, sagte der Sprecher des Außenministeriums Emmanuel Nahshon zu BILD. Schon 2012 begann die Planung der Reise, an der Dutzende Mitarbeiter beteiligt sind und für die ein ganzes Flugzeug gechartert wurde. Es soll ein unvergesslicher erster Eindruck werden – denn keiner der Teilnehmer war bisher in Israel.

Auf dem Programm stehen neben dem Tel Aviver Nachtleben, der Jerusalemer Altstadt und der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem auch Besuche in sozialen Einrichtungen und Universitäten, Treffen mit Sozial-Aktivisten und Künstlern.

Am meisten überrasche die Vielfalt des Landes, die Vielfalt der Gesellschaft – und dass viele kritische Stimmen prominent zu Wort kommen, berichten die Teilnehmer.

So hielt beispielsweise Schriftsteller und Friedensaktivist David Grossman auf Einladung des Außenministeriums die Eröffnungsrede und nutzte die Gelegenheit, die Regierung in Jerusalem harsch zu kritisieren und ihr einen Mangel an Visionen vorzuwerfen.

NGO-Aktivistin Nicole Hod beklagte die steigenden Lebenshaltungskosten und soziale Ungleichheit und Professor Gadi Taub (Hebräischen Universität Jerusalem) mahnte eine Rückkehr zu den Idealen der Gründerzeit an.

„Wir haben keine Angst davor, unsere internen Debatten und die vielen politischen Ansichten im Land zu zeigen. Israel ist eine offene Gesellschaft und wir wollen mit den Teilnehmern einen Dialog auf Augenhöhe“, kommentierte Nahshon gegenüber BILD. „Es ist uns wichtig, dass die jungen Deutschen verstehen, vor welchen Problemen wir hier in der Region stehen, und dass unsere Lebensrealität in Israel leider sehr viel komplizierter ist als ihre in Europa.“

Mission geglückt, Verständnis geschaffen?

Michael Wagner, Mitarbeiter im Bundestag, verbuchte die Reise schon nach zwei Tagen als vollen Erfolg. Israel sei ein verrücktes Land, kompliziert und vielseitig, sagte Wagner.

„Wir erleben Verwirrendes und Verständliches, Verbindendes und Trennendes, Überraschendes und Bewegendes. Vor der Reise war mein Bild des Landes ein politisches, ich kannte die Daten und Fakten. Wenn man im Land ist, hört man die Einwanderungsgeschichten, die Überlebensbiografien der Menschen, die gar nicht weit in der Vergangenheit liegen.“

Auch die geografischen Gegebenheiten – wie klein und schmal das Land eigentlich ist und was das für eine sicherheitsstrategische Bedeutung habe – verstehe man erst, wenn man einmal hier war. Es spräche für die Organisatoren, dass ein so differenziertes Bild gezeigt werde, sagte Wagner.

„Vor dem Programm hatte ich ein sehr festes Bild von Israel, geprägt durch die Medien. Jetzt sehe ich die große Diversität in der Gesellschaft, jede Straßenecke erzählt eine andere Geschichte“, sagte Lars Schalnat, Student aus Lübeck zu BILD. „Ich habe vieles wiedererkannt. Und das Land ist sehr viel westlicher als ich erwartet hatte.“

Ein wenig staatstragend wurde es dann allerdings doch noch, als die Teilnehmer den Staatspräsidenten Reuven Rivlin in seiner Residenz besuchten.

Rivlin selbst hatte vor 50 Jahren noch gegen die Aufnahme der Beziehungen zu Deutschland demonstriert. Es sei noch zu früh, die Wunden noch zu frisch, argumentierte er damals.

Das Treffen am Montag war ihm jedoch eine echte Herzensangelegenheit, sagte der Präsident, den man in Israel nur Rubi nennt, denn hier gehe es um die gemeinsame Zukunft von Deutschland und Israel.

„Unsere Völker haben eine furchtbare Vergangenheit überwunden, eine unglaublich enge Kooperation in der Gegenwart aufgebaut und müssen diese nun auch in die Zukunft weitertragen. Damit dies gelingt, müssen wir uns kennenlernen, uns in die Augen schauen.“ Große Herausforderungen lägen vor den beiden Ländern, und nur gemeinsam könne man diese überwinden.

„Ich kann die Vergangenheit niemals vergessen, doch heute leben und handeln wir als Freunde, denn wir teilen die selben Werte, von Freiheit und Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Und nur wenn wir diese Werte teilen und uns weltweit für sie einsetzen, können wir sicherstellen, dass die Verbrechen der Vergangenheit sich nicht wiederholen – nie wieder.“

Auch Dore Gold, Generaldirektor des Außenministeriums, betonte die gemeinsamen Werte: „Israel ist ein Land, das keine natürlichen Partner hat. Wir haben keine Nato, die uns verteidigt, keine EU, keine ASEAN, und trotz unserer internationalen Einsamkeit wollen wir Teil der Weltgemeinschaft sein und schätzen die enge Freundschaft von Deutschland sehr. Gemeinsam können wir die Welt verbessern.“

Für Jakob Pape, Theologiestudent aus Schleswig-Holstein, steht Israel für eine offene Gesellschaft, für die Grundlagen der Demokratie, die auch Deutschland teilt.

„Ich glaube, dass es sich lohnt, jeden freien Fleck auf dieser Welt zu verteidigen, und Israel ist so ein freier Fleck.“

Reiseupdates der Teilnehmer bei Twitter unter #iltrip15

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