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Hamburg Mit Charme und Chuzpe

Wie der Norden von israelischen Pionieren lernen kann

Wirtschaftsreporter , Tel Aviv
Israel, vor allem aber Tel Aviv, steht für innovative Start-ups Israel, vor allem aber Tel Aviv, steht für innovative Start-ups
Israel, vor allem aber Tel Aviv, steht für innovative Start-ups
Quelle: pa/dpa/Rolf Vennenbernd
Eine norddeutsche Wirtschaftsdelegation erkundet die Start-up- und Digitalwirtschaft in Israel. Die israelische Innovationskraft, die auch vom technologische Einfluss der Armee profitiert, ist gefragt.

Charme Rykower projiziert eine Auflistung an die Wand. Dies seien die zehn wichtigsten Trends, an denen Israels noch junge Digitalwirtschaft derzeit arbeite, sagt die Managerin der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer in Tel Aviv. Von der dreidimensionalen Architektur über Mobilität, Datensicherheit, Medizin und digitale Währungen sind praktisch alle Lebens- und Arbeitsbereiche dabei – unter anderem auch eine neuartige Technologie, mit der aus Tierzellen in Bioreaktoren große Mengen Fleisch gezüchtet werden.

Innerhalb von nur zehn Jahren hat sich in Israel eine Szene von rund 6500 Start-up-Unternehmen entwickelt, die – vor allem mithilfe digitaler Technologien – teils bahnbrechende Fortschritte erarbeitet haben, vom Echtzeit-Navigationssystem Waze, das mittlerweile in Google Maps integriert ist, bis zum Unternehmen Mobileye, das Systeme für Fahrassistenz und das autonome Fahren entwickelt und das für 15,3 Milliarden Dollar vom Intel-Konzern übernommen wurde.

Die Innovationskraft der „Silicon Wadi“ genannten Start-up-Wirtschaft wird mitunter mit der des Silicon Valley in Kalifornien verglichen. Das mag übertrieben sein, aber Technologiegründer zählen mittlerweile zum Kern der israelischen Wirtschaft. „Gemessen an der Einwohnerzahl von rund neun Millionen Menschen ist Israel das Land mit den weitaus meisten Start-up-Unternehmen je Bürger“, sagte Charme Rykower.

22 Wirtschaftsdelegationen kommen 2018 nach Israel

Für dieses Phänomen interessiert sich mittlerweile die ganze Welt. Die israelischen Start-up-Unternehmen expandieren zumeist rasch ins Ausland, weil der Heimatmarkt zu klein ist. Umgekehrt drängen Investoren mit Wagniskapital nach Israel, vor allem aus den USA, aber auch industrielle Partner, etwa aus Deutschland.

Das norddeutsche Handelskammer-Netzwerk IHK Nord besucht dieser Tage mit einer rund 40-köpfigen Delegation Unternehmen und Institutionen in Tel Aviv, Haifa und Jerusalem, um Kontakte zu knüpfen und um sich das Wissen der israelischen Pioniere zunutze zu machen. Die Wirtschaftsvertreter von den deutschen Küsten sind bei Weitem nicht die einzigen aus Deutschland.

22 Wirtschaftsdelegationen aus allen Bundesländern betreue man in diesem Jahr, sagt Michel Weinberg, der stellvertretende Geschäftsführer der Deutsch-Israelischen Handelskammer. Baden-Württembergs Wirtschaft sei kürzlich mit einer Delegation von mehr als 100 Teilnehmern in Israel gewesen, angeführt von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Sie alle wollen die Umstände und Antriebe kennenlernen, mit denen Israel – kaum größer als Hessen – einer der wichtigsten Treiber für den technologischen Fortschritt weltweit wurde. Ein wesentliches Element sei der starke technologische Einfluss der israelischen Armee, in der junge Männer wie auch Frauen ihren Wehrdienst leisten, sagt Charme Rykower über die Wechselwirkung von militärischer Ausbildung und wirtschaftlicher Aktivität: „Wer in der Einheit 8200 gedient hat, die für die Cybersicherheit der Armee zuständig ist, und nach seinem Militärdienst einen Lebenslauf verfassen kann, der muss sich um seine berufliche Zukunft keine Sorgen machen.“

Wichtig sei die gute Ausstattung mit Wagniskapital und eine Unternehmenskultur, in der Scheitern nicht als Makel gilt. Und letztlich sei es die berühmte Chuzpe, jene Mischung aus Frechheit, Zivilcourage und Wagemut, die das Unmögliche möglich mache, sagt Rykower. Den Computer einschalten und sein eigenes Unternehmen gründen – das gelte für viele junge Israelis mittlerweile als völlig normal: „In Deutschland schreibt man womöglich acht Monate lang an einem Projektantrag für ein Start-up-Unternehmen, der frei von Rechtschreibfehlern ist. Hier fängt man einfach an.“

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